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Mehr als 100 Gäste haben das Open Network mit Tijen Onaran, Gründerin des Global Digital Women Netzwerks, verfolgt.

Es war eines der am besten besuchten Open Networks der vergangenen Jahre: Mehr als 100 Gäste waren im Neven DuMont Haus vor Ort, als Tijen Onaran, Gründerin des Global Digital Women Netzwerks, über das Geheimnis hinter erfolgreichem Networking gesprochen hat. Eliana Berger und Hendrik Geisler, Redakteure Wirtschaft beim Kölner Stadt-Anzeiger, haben Tijen Onaran vorher zum Interview getroffen.

Tijen Onaran, Sie haben das Digitalnetzwerk "Global Digital Women" gegründet, das inzwischen mehr als 30 000 Mitglieder hat. Sie richten sich dabei aber nicht ausschließlich an Frauen. Warum dann der Name, der Frauen ins Zentrum stellt?

Tijen Onaran: Frauen haben mich geprägt, und ich hatte das große Glück toller Chefinnen. Ich habe irgendwann einen Stammtisch in Berlin gegründet für Frauen in Digitalrollen, egal ob als Gründerin, in einer Konzernposition oder einer NGO. Auf vielen Veranstaltungen sitzen noch immer ausschließlich Männer auf den Podien, weil behauptet wird, man finde keine Expertinnen. Wir zeigen aber, dass es sie selbstverständlich gibt: in sozialen Medien, auf unserer Content-Plattform, mit dem Digital Female Leader Award. Das hilft. Aber unser Netzwerk ist für alle offen. Und wir haben uns natürlich entwickelt. Der Fokus liegt heute auf Diversität mit all den Dimensionen.

Was bedeutet für Sie im Netzwerk-Zusammenhang Diversität?

Tijen Onaran: Es geht dabei in erster Linie nicht um die Herkunft oder das Geschlecht. Viel wichtiger ist es, statt nur Schulterklopfern auch Menschen im Netzwerk zu haben, die mir widersprechen. Mit unterschiedlichen Erfahrungswerten, Positionen, Berufen. Als ich Kommunikationsleiterin eines Verbands war, haben sich die Kollegen und Kolleginnen alle nur mit anderen Kommunikatoren und Kommunikatorinnen verbunden. Ich finde es spannender, Personen mit einer neuen Perspektive kennzulernen. Die überraschenden Einblicke und Erkenntnisse, die ich dabei gewinne, lasse ich immer wieder in meine Arbeit einfließen.

 

Kürzlich haben Sie Ihr erstes Buch, die "Netzwerkbibel", veröffentlicht. Mit welcher Strategie sind Sie beim Aufbau Ihres persönlichen Netzwerks vorgegangen?

Tijen Onaran: Ich hatte anfangs überhaupt keine Netzwerk-Strategie. Ich bin in meiner Heimatstadt Karlsruhe den Jungen Liberalen beigetreten und kannte niemanden, komme auch nicht aus einer Genscher-Familie. Als ich zu den ersten Veranstaltungen gegangen bin, war ich alleine dort, alle anderen kannten sich bereits und waren vernetzt. Ich wollte etwas bewegen, das geht nur gemeinsam, also war ich gezwungen, Kontakte zu knüpfen. Daraus habe ich übrigens eine wichtige Regel entwickelt: Nie zu zweit, sondern immer alleine auf Veranstaltungen gehen. Dann hält man sich nicht an seiner Begleitung fest, sondern ist gezwungen, sich miteinander zu unterhalten.

Sollten Menschen, die gerade ihr Netzwerk aufbauen, versuchen, möglichst hochrangige Kontakte zu knüpfen?

Tijen Onaran: Funktionen sind zweitrangig. Es hilft, sich komplett von Titeln freizumachen, heute ist ja jeder Chief of Irgendwas. Häufig bringt mir auch nicht die vermeintlich wichtigste Person in einer hohen Position den größten Nutzen. Das hängt auch davon ab, an welchem Punkt in meiner Karriere ich mich befinde. Man sollte auch nicht vergessen, dass Positionen meist nicht von Dauer sind. Ich habe in meiner Zeit in der Politik beobachtet, wie schnell sich ein Netzwerk im Nichts auflösen kann, weil die Leute nur auf Positionen geschaut haben - und diese dann plötzlich nicht mehr innehatten. Wie nachhaltig und gut ein Netzwerk am Ende ist, stellt sich immer dann heraus, wenn es mir mal nicht gut geht, weil ich mit etwas gescheitert bin oder auf der Suche nach einem neuen Job. Dann bin ich darauf angewiesen.

Viele haben beim Thema Netzwerken geschlossene Gesellschaften mit grauen Gestalten in dunklen Anzügen im Kopf. Hat sich das gewandelt?

Tijen Onaran: Netzwerken ist heute total demokratisiert. Das hat auch damit zu tun, dass sich das Arbeiten wandelt: Statt in festgefahrenen Teams wird in Projekten gearbeitet. Experten und Expertinnen aus verschiedenen Bereichen und mit unterschiedlicher Erfahrung tun sich dabei zusammen, Hierarchien spielen eine immer geringere Rolle. Das spiegelt sich beim Netzwerken wider: Die Zeit der exklusiven Netzwerke ist vorbei. Es ist auch wichtig, dass Netzwerke offen sind und frei von Hierarchien, damit sich verschiedene Typen treffen. Je diverser ein Netzwerk ist, desto besser und nachhaltiger ist es.

Wie sieht ein gutes Netzwerk aus?

Tijen Onaran: Wer netzwerken will, sollte sich am Anfang überlegen, was man eigentlich von einem Netzwerk erwartet. Will man von anderen lernen? Will man Mentor oder Mentorin für andere sein? Geht es um die eigene Bekanntheit? Sollen Kontakte innerhalb oder außerhalb des eigenen Unternehmens geknüpft werden? Erst wenn man das weiß, lässt sich ein gutes Netzwerk aufbauen. Wichtig ist: Qualität ist wichtiger als Quantität.

 

Möglichst viele Kontakte bei Linkedin oder Xing zu sammeln, ist kein erstrebenswertes Ziel?

Tijen Onaran: Entscheidend ist nicht, wie viele Kontakte ich habe, sondern ob und wie sie mir helfen können. Wer ohne Anlass Kontakte sammelt, baut sich ein diffuses Netzwerk auf. So glauben aber viele netzwerken zu müssen. Für sie hat ihr Netzwerk einen Vertriebscharakter, ist nur ein Mittel zum Zweck, um ein Produkt zu verkaufen. Das ist nicht mein Ding und ich will Netzwerke auch aus dieser Schmuddelecke holen.

Ein Netzwerk klingt nach viel Arbeit. Wie schafft man das neben dem Job?

Tijen Onaran: Heute ist es einfacher denn je. Du musst nicht wie früher auf jede Veranstaltung gehen, sondern kannst auch von der Couch netzwerken. Dafür gibt es schließlich Linkedin, Xing, Twitter und Instagram. Die sozialen Netzwerke lassen sich sehr gut in den Alltag integrieren.

Viele Menschen haben Hemmungen, auf Veranstaltungen Kontakte zu knüpfen. Wie können sie diese überwinden?

Tijen Onaran: Sie müssen sich bewusst machen, dass jeder ein besonderes Talent mitbringt. Es gibt immer etwas, das man besser oder anders kann als die, die schon da sind - auch als Berufsanfängerin. Wer starke Hemmungen hat, kann sich auch ein bestimmtes Ziel vorgeben. Zum Beispiel die Gastgeberin oder einen der Vortragenden anzusprechen. Stück für Stück kann man sich so dem eigenen Netzwerk annähern. Ich mache das jetzt seit zehn bis 15 Jahren und habe gelernt, mich nicht zu überfordern. Man muss nicht an einem Abend alle 100 Gäste kennenlernen. Wenn man einen wichtigen Kontakt mitnimmt, reicht das vollkommen.